Design Thinking for Beginners

Haben Sie schon einmal etwas von Design Thinking gehört? Wissen Sie, was das ist? Die meisten, denen ich diese Fragen stelle, beantworten die erste Frage mit ja, die zweite mit nein. Was könnte es denn sein? „Irgendetwas mit Design?“ Nun, mit Design hat Design Thinking nun eigentlich wenig zu tun. Aber sie ist ebenso kreativ wie genial für eine Vielzahl von Anwendungen. Was sich dahinter verbirgt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Ich muss etwas ausholen. Früher verlief kundenorientierte Produktentwicklung so: Gemeinsam mit einem Kunden wurde ein Entwicklungsziel festgelegt, die Produktparameter wurden definiert, ein Projektleiter bestimmt, ein Lastenheft erstellt, daraus Arbeitspakete abgeleitet und in einen konkreten Projektplan überführt und am Schluss ein Prototyp dem Kunden vorgestellt. Danach konnten noch Optimierungen vorgenommen werden, alpha und beta-Versionen wurden getestet, um dann schließlich mit dem fertigen Produkt in Serie zu gehen. Diese Vorgehensweise eignet sich für Produkte mit geringem Komplexitätsgrad.

Mit Beginn des digitalen Zeitalters hat sich das fundmental geändert. Softwareentwicklung in einer agilen Umgebung, in volatilen Märkten funktioniert kaum noch so. Klassisches Projektmanagement ist hier überfordert, da sich die Parameter eines Produktes nur bedingt vorab fest definieren lassen. Das Produktkonzept ist mehr eine Wolke denn ein detailliertes Bild. Und so schippern Produktentwickler über den welligen Ozean mit ständigen Kursänderungen, weil sich plötzlich die Wetterlage ändert, Untiefen umschifft werden müssen, oder das Schiff sogar auf Grund läuft. Und am Ende befindet sich die Wolke möglicherweise schon ganz woanders, so dass der Kurs auch angepasst werden musss. So in etwa sollten Sie sich agiles Produktmanagement vorstellen. Das iPhone zum Beispiel wäre mit klassischen Methoden des Produktmanagements kaum ein serientaugliches Produkt geworden.

Schon in den 1990er Jahren haben die Informatiker Terry Winograd, Larry Leifer und David Kelley eine Methode entwickelt, die, inspiriert durch den Design-Prozess, Produktentwicklung zu einem iterativen, dialogischen Prozess unter kontinuierlicher Einbeziehung des Kunden macht. Dabei stehen die Bedürfnisse des Kunden und ein klar definierter Produktnutzen im Vordergrund. Iterativ bedeutet die schrittweise Annäherung an einen idealen Endzustand. Aus der Wolke wird so nach und nach ein klares Bild und ergibt damit die Skizze eines detailliert gestalteten Prototyps.

Design Thinking wurde ursprünglich für eine agile Softwareentwicklung erdacht, findet aber inzwischen darüber hinaus Anwendung. Es dient der Gestaltung von Veränderungsprozessen, der Konzeption organisationaler Strukturen und Prozesse und kann sogar als Tool für die Teamentwicklung genutzt werden.

 

How it Works

Und dies sind die einzelnen Schritte des Prozesses:

  1. Emphasize: In der ersten Phase geht es nur darum, die Bedürfnisse des Kunden zu verstehen. Die klassische Rollenverteilung des „der Kunde fragt und wir haben die richtigen Antworten“ wird auf den Kopf gestellt: „Wir fragen, wir hören zu, wir versuchen zu verstehen.“ Und nein, wir haben noch keine Antworten, weil wir vermeiden möchten, dass wir dem Kunden Lösungen andienen, die uns plausibel erschienen, ihm/ihr aber nicht unbedingt.
  2. Define: Erfrage und beschreibe das Ziel des Kunden. Was ist ihm/ihr wichtig? Was braucht er/sie? Wir lässt sich das Kundenbedürfnis in einem Statement zusammenfassen? Auch das geht nur im Dialog mit dem Kunden. Erst wenn Bedürfnisse und Ziele klar erkennbar sind, macht es Sinn, die ersten Produktideen zu entwickeln.
  3. Ideate: Wir als Developer entwickeln Ideen und generieren mögliche Lösungen. Hierbei geht es um grobe Skizzen, nicht um detaillierte Entwürfe. Die Lösungsidee steht im Fokus, noch lange nicht das detaillierte Bild. Dabei sollten radikale Lösungen gefunden werden. Realisierbarkeit ist hier noch nicht wichtig. Der Kunde entscheidet dann, welche der Lösungsansätze weiterverfolgt werden soll.Als das iPhone vor über 10 Jahren entwickelt wurde, war anfangs nicht klar, inwieweit es realisierbar war. Die Technologien dazu mussten zum Teil erst erschaffen werden. Damals stand zunächst das iPad auf dem Plan. Als klar wurde, dass die radikalere Lösung, die Miniaturisierung eines Hybrids zwischen Mobiltelefon und Computer technisch möglich war, entschied sich Apple für das iPhone.
  4. Prototype: Auf Grundlage der Ideen und Lösungsansätze werden mehrere Produktskizzen und schließlich ein oder mehrere Prototypen hergestellt. Oft sind diese technisch weitgehend ausgereift, während das optische Design erst noch entwickelt wird. Oder das Design geht der technischen Reife voraus. Im Design Thinking versteht man unter Prototyping aber auch das Erstellen reiner Funktionsmodelle, die noch fern von der Serienreife sind.
  5. Test: Die verschiedenen Prototypen werden sowohl technisch als auch in Bezug auf den gewünschten Nutzen auf Herz und Nieren geprüft. Dabei wird immer wieder abgefragt, ob der Prototyp die unter „Define“ festgelegten Anforderungen in ausreichendem Maße erfüllt. Auch hier findet ein fortlaufender Kreisprozess andauernder Optimierung statt, bis der Prototyp bereit ist für die Serienreife.

Process in a Nutshell

Neben diesem Makrozyklus sind verschiedene Mikrozyklen denkbar und praktikabel. So muss z.B. nach dem Test eines Prototyps dieser oft weiter optimiert werden. Manchmal ist es sogar notwendig, die Feedbackschleife bis zur „Define“-Stufe zu öffnen, um ein Produkt entsprechend den veränderten Anforderungen des Kunden anzupassen. Design Thinking ist auch mit anderen agilen Tools, z.B. Kanban und Scrum kombinierbar.

Neben der Entwicklung von physischen Produkten lässt sich Design Thinking auch für den Entwurf immaterieller Güter und für die Konzept-Entwicklung einsetzen. Letzteres haben wir am 27. September 2018 auf unserem After-Work-Coaching getan. Die Teilnehmer befassten sich unter Anleitung von Stephanie Sedlmayer-Wessling und mir mit der Frage, wie man das After-Work-Coaching als neues Erlebnis gestalten könnte. Sehr spannende und kreative Lösungen kamen dabei heraus. Der Prozess wurde als „process in a nutshell“ konzipiert und dauerte knapp 2 Stunden. In dieser Zeit arbeiteten die Beteiligten in Zweier-Teams zusammen und fügten zum Schluss die besten Lösungsansätze zusammen. Diese kurze Zeit reichte aus, um Konzeptskizzen zu entwickeln. Damit ließe sich nun weiterarbeiten.

Sollte das Ihr Interesse geweckt haben und Sie möchten mehr darüber erfahren oder Design Thinking selbst einmal ausprobieren, dann nehmen Sie sehr gern Kontakt mit mir auf.

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Diesen Beitrag teilen