Buchtipp: “Jeder für sich oder gemeinsam fürs Ganze?” Von Christoph Bauer

Wettbewerb ist ein Grundprinzip der Marktwirtschaft. In tayloristischen Unternehmen setzt sich dieses Prinzip oft fort. Hierarchien bilden das stabilisierende Moment. Mit zunehmender Dynamik und Komplexität von Märkten infolge der digitalen Revolution und der Globalisierung ist diese Organisationsstruktur aber ein Auslaufmodell. Der Kooperation als Grundprinzip gehört die Zukunft, sagt mein Kollege Christoph Bauer in seinem neuen Buch.

Bücher von Kollegen zu rezensieren, ist mitunter nicht so ganz einfach. Irgendwie ist doch ein Stück Befangenheit dabei. Bei Christoph Bauer ist das etwas anderes. Ich kenne Christoph Bauer nun seit ziemlich genau sieben Jahren und schätze ihn als bedachten, konzentrierten und engagierten Kollegen. Als ich von seinem Buchprojekt erfuhr, war ich sehr gespannt – und bin nun nicht enttäuscht worden. Es ist hervorragend gelungen.

Wer sich mit agilen Managementmethoden befasst, dem sind Begriffe wie Scrum,  KANBAN und Design Thinking geläufig. Alle dies sind Tools aus dem Projektmanagement, die vor allem in der IT-Industrie ihren Ursprung haben. Dahinter steckt aber ein neues Grundprinzip der Zusammenarbeit, das so neun gar nicht ist: Die Kooperation. Und dennoch haben wir es derzeit mit einem Paradigmenwechsel zu tun, da Kooperation bisher oft am Silodenken der Stakeholder im Unternehmen und deren Konkurrenz untereinander scheitert. Hierarchien verstärken diese Dynamik eher als dass sie sie zu überwinden helfen.

Doch wir können es uns im Zeitalter der Beschleunigung nicht mehr leisten, dass Ideen in den Katakomben der Hierarchien verkommen und Menschen im Geflecht der Matrix zerrieben werden.

„Die Zeit ist reif für eine Transformation“, sagt der Management- und Organisationsberater Christoph Bauer. Aus seiner Sicht stehen Führungskräfte heutzutage vor drei Kernherausforderungen: Steigende Komplexität (Führung wird weniger kontrollierbar), unzureichende Reflexion (Führung verliert den Fokus auf das Wesentliche) und Getrennte Sektoren (Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft kooperieren nicht). Er fordert ein neues Führungsverständnis. Führung im 21. Jahrhundert muss sich über Sektorengrenzen hinwegsetzen, Mitarbeiter über eine Vertrauens-, Wertschätzungs und Beteiligungskultur befähigen, robuste und zugleich flexible Organisationsstrukturen aufbauen, die schnell auf veränderte Realitäten reagieren können. Und sie muss die Führungskompetenz auf allen Ebenen fördern.

Der Autor schildert in seinem Buch, warum die Transformation notwendig ist und zeigt anhand von Beispielen auf, dass sie auch möglich ist. Aber natürlich hat er ebenso die Hindernisse im Blick – in den Organisationen aber auch bei den Menschen. Konkurrenz und Wettbewerb sind Muster, die wir erlernt haben, die uns aber nicht vererbt wurden. Der Mensch kooperiert von Natur aus, sagt Bauer und dieses Grundbedürfnis ließe sich ausschöpfen: Zur Selbststeuerung sozialer Systeme, zur Nutzung kollektiver Intelligenz, um nur zwei Beispiele zu nennen. Kooperative Unternehmen lösen sich vom Gedanken der Profitmaximierung und besinnen sich auf den Kern, den Wesenszweck eines Unternehmens. Kooperation gewinnt Vorrang und Hierarchien werden durch Netzwerke ersetzt.

Bauer stellt das Konzept der integrativen Führung vor, das durch gemeinschaftliche Ziele, geteilte Verantwortung, Servant Leadership, offene Kommunikation und die Befähigung zur Selbststeuerung geprägt ist. Schließlich beschreibt er, was eine kooperative Organisationskultur ausmacht und wie sich das auf der Handlungsebene auswirkt. Besonders interessant finde ich Christophs Bauers Ausführungen zu den Entscheidungstools. Er zeigt, dass kooperative Führung eben kein Debattierclub ist, dessen Entscheidungen ewig brauchen. Ganz im Gegenteil. Tools wie die Konsent-Entscheidung oder der konsultative Einzelentscheid führen sehr schnell zu Ergebnissen. Mein Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch für alle Führungskräfte und Organisationsentwickler, die Organisationen fit für das 21. Jahrhundert machen wollen und ihre eigene Führungskultur entsprechend verändern möchten. Dem Autoren ist es gelungen, ein kurzweiliges, informatives und inspirierendes Buch zu schreiben.

Bauer, Christoph (2017): Jeder für sich oder gemeinsam fürs Ganze? Kooperation als Grundprinzip agiler Organisationen. 1. Aufl.: Books on Demand.

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