Buchtipp: Feierabend hab ich, wenn ich tot bin

In diesem Blog habe ich schon mehrfach zum Thema Burnout gepostet. Und nicht nur ich. Die Medien sind voll von Beiträgen über Burnout. Meist geht es dabei um Zahlen, um Fälle Betroffener, um medizinische Diagnosen, um Prophylaxe und um Gegenmaßnahmen. Der Psychologe und Coach Markus Väth hat vor kurzem ein Buch vorgelegt, das Burnout aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet: Aus der Perspektive unserer Gesellschaft und als Phänomen der modernen Arbeitsgesellschaft und eben nicht als individuelles Problem.

Er macht ein großes Fass auf. Arbeit habe einen überhöhten Stellenwert in unserem Leben gewonnen, Erfolg werde zur Richtschnur aller Lebensbereiche und ethische Grundsätze würden zu einer individuellen Angelegenheit atomisiert. Damit werde einer gesunden Lebensbalance die Grundlage entzogen. Familien verlieren die stützende Kraft und weder Kirchen noch Politiker noch Führungskräfte sind in der Lage, das Wertevakuum hinreichend zu füllen. Die Multitaskinggesellschaft fordert ihren Tribut, indem sie das von Menschen verlangt, was allenfalls Computer  leisten: den Kampf an vielen Fronten gleichzeitig. Gutes Zeitmanagement hat längst den wohltuenden Sinn einer besseren Lebensbalance verloren – wenn es dies jemals gehabt hat. Zeit wird zur Ressource degradiert.

Wir ersticken in Informationen und Arbeit wird zur entgrenzten, unser gesamtes Leben durchdringendes Dimension, aus der es kein Entrinnen, keine Insel der Ruhe mehr gibt. Burnout ist eine Gesellschaftskrankheit, resümeirt der Autor ganz treffend. Gibt es Auswege? Väth plädiert für ein Gleichgewicht des Bewusstseins, für eine Entschleunigung, für ein Cooldown unserer Gesellschaft, eine Moral der Muße. Wie das geht? Da ist Phantasie gefragt, vielleicht auch ein neues Buch von Markus Väth?

Väth, Markus (2011): Feierabend hab ich, wenn ich tot bin. Warum wir im Burnout versinken. Offenbach: GABAL. 240 S.

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3 Antworten auf „Buchtipp: Feierabend hab ich, wenn ich tot bin“

  1. So ist leider unsere Gesellschaft geworden. “Wo ich bin ist vorn.” um vermeintlich erfolgreich zu sein. Meine eigene Wahrnehmung verstärkt bedauerlicherweise diesen Eindruck. Wer pünktlich Feierabend machen möchte, darf nicht mehr “mitspielen”. Erfolg wird viel zu oft an aufgebrachter Arbeitszeit gemessen, selbst wenn das “Output” eher gering ausfällt. Schade, das wir das nicht gesamtgesellschaftlich verändern wollen. Das Individuum zählt nichts. Wie gesagt, meine persönliche Wahrnehmung.

  2. Aber ist das nicht zum großen Teil selbst verschuldet? Ich habe auch zwei Handies: ein private (nie an) und ein geschäftliches (am Wochenende immer aus!!) Mein wahrer Luxus liegt nämlich darin, dass ich einfach mal nicht erreichbar sein will, nicht online, kein FB, Xing, Blog oder sonst was. Da nehme ich mir Zeit für mich: singe, lerne Gitarre oder schreibe an meinem zweiten Kriminalroman. Das ist Abschalten vom Arbeitsstress, ich habe es in der Hand. Jeder andere ebenso!
    Im Prinzip gebe Herrn Väth nämlich recht, einen ähnlichen Gedanken hatte ich auch schon.

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