Resilienz: Strategien in der Krise

Krisen fordern uns heraus. Ob Covid-Pandemie, der Ukraine Krieg, Krach im Team oder persönliche Krisen. Gegen die Verzweiflung gibt es verschiedene Strategien. Nicht alle sind hilfreich. Was uns die Psychologie über Resilienz sagt, erfahren Sie hier.

Wer im Job gut organisiert ist, arbeitet zum Beispiel mit Projektplänen und Checklisten. Sie sind gewissermaßen die Gebrauchsanleitung für Situationen, in denen es darauf ankommt, keine Fehler zu machen bzw. aufgetretene Fehler zu beseitigen. Im Projekt gibt der Projektplan Orientierung. Im Flugzeugcockpit sind Checklisten ein unerlässliches Werkzeug, um in jeder Flugphase möglichst alles im Griff zu haben. Für jede Situation gibt es bewährte Hilfsmittel, selbst für mögliche Fehlfunktionen. Das verhindert, dass es überhaupt zu einer unkontrollierbaren Situation kommt.

Krisen zeichnen sich aber oft dadurch aus, dass eine unvorhersehbare Situation auftritt, für die es keine Checklisten oder Projektpläne gibt. Covid und die Energiekrise trafen uns ziemlich unvorbereitet. Beim Tod eines nahen Angehörigen oder der plötzliche Verlust des Arbeitsplatzes verhält es sich ähnlich. Dies sind dann immer Phasen der Instabilität, die Irritationen, Ängste und Stress auslösen. Letzteres vor allem dann, wenn wir keine geeignete Strategie der Bewältigung haben. Uns fehlt es dann an Resilienz. Und das führt dann oft dazu, dass wir Verhaltensmuster aktivieren, die gerade in derartigen Situationen wenig hilfreich sind. Diese Muster möchte ich hier gern vorstellen und aufzeigen, wie es besser geht.

Strategien der Idealisierung

Wir sehen zwar das Problem, aber wir reden uns die Situation schön. Das tun wir dann gern mit positiven Affirmationen zur Aufmunterung wie z.B.

  • Nicht so schlimm!
  • Wird schon wieder!
  • Wir schaffen das!

Derartige Affirmationen können nützlich sein, wenn das auch unserem tatsächlichen Erleben der Situation entspricht. Dann ist unser Optimismus eine wichtige Ressource, um eine Krise als Herausforderung anzunehmen. Und dann stärkt es unsere Resilienz. Erleben wir hingegen eher Hilflosigkeit, Angst, Erschöpfung oder Selbstzweifel oder ignorieren wir schlichtweg Gefahren, so ist das positive Denken wenig hilfreich. Dann erzeugt dieses Schönreden eine Inkongruenz, die unserer seelischen Gesundheit nicht gerade zuträglich ist. Denn negative Gefühle verschwinden nicht einfach durch Idealisierung und Verdrängung, sondern verlangen nach Beachtung. Und eine reale Gefahr ist nicht deshalb gebannt, indem wir sie auf die leichte Schulter nehmen. Dazu hatte ich vor einigen Jahren schon einen Blog-Beitrag geschrieben.

positives Denken

Strategien der Negation

Negationen, sind recht typische Abwehrreaktionen in krisenhaften Situationen, ganz egal ob das nun eine Lebenskrise, ein organisationaler Change-Prozess oder eine gesellschaftliche Krise ist. Viele Menschen neigen in solchen Phasen dazu, das Problem nicht wahrnehmen zu wollen und verleugnen es. Oft geschieht das mit einer sukzessiven Veränderung des Fokus.

Negationsstrategien

Es beginnt mit der Verleugnung (Beispiel: „Es gibt keinen Klimawandel!“). Wird das Problem dann wahrgenommen, kehrt sich die Aussage oft um: Aus „es gibt kein Problem“, wird dann „es gibt keine Lösung!“ Im Falle des Klimawandels hört sich das dann beispielsweise so an: „Klimawandel hat es schon immer gegeben. Wir können das nicht beeinflussen“. Und folgerichtig sind wir als Betroffene dann natürlich auch nicht die Akteure, sondern die Opfer. Das Problem wird dann allerdings gern auf die Problemlöser projiziert, die ja zum Störfaktor der gewohnten Lebensmuster werden – man braucht ja einen greifbaren Fokus: „Die Politik will uns nur schröpfen!“ Psychologen nennen dieses Muster Attributionsfehler.

Was ich hier exemplarisch anhand des Themas Klimawandel beschrieben habe, lässt sich in Krisen aller Art finden. Diese Strategien der Negation können bisweilen absurde Ausmaße bis hin zum völligen Realitätsverlust einnehmen. Einseitige Schuldzuweisungen, Tunnelblick, Verzerrungen von Fakten, paranoide Phantasien.

Beide Strategien, die Idealisierung als auch die Verleugnung von Krisen sind Muster der Vermeidung und unserer Resilienz nicht förderlich. Man will sich dem Problem nicht wirklich stellen. Es wird also wahlweise idealisiert oder verleugnet. Diese Denk- und Verhaltensmuster bringen sehr viel hervor, nur eines nicht: konstruktive Lösungswege.

Was wir hingegen in Krisen brauchen, sind Strategien der Annäherung, ein „Hin zur Lösung“ statt ein „Weg vom Problem“.

Problemstrategien

Resilienz

Bevor wir aber überhaupt über Lösungen nachdenken können, brauchen wir die nötige innere Stärke und einen einigermaßen kühlen Kopf, um sie zu entwickeln. Wir brauchen innere Widerstandskraft. Dies bezeichnet man auch als Resilienz.

„Resilienz ist das Immunsystem unserer Psyche“ lautet eine bildhafte Beschreibung dieses Begriffes.

Wie unser Immunsystem macht sie uns allerdings nicht völlig unangreifbar für Belastungen. Sondern sie bietet uns Strategien, um mit stressbeladenen Situationen besser umgehen zu können.

Die Wirtschaftspsychologin Jutta Heller hat sich seit vielen Jahren mit dem Thema Resilienz befasst. Sie nennt 7 Faktoren, die für den Aufbau der inneren Widerstandskraft wichtig sind:

Resilienz

  • Optimismus: Ein positiver Blick in die Zukunft und die innere Haltung, dass wir die Krise meistern können. Wir reden das Problem nicht klein, aber wir sind von der Gewissheit getragen, dass es besser wird.
  • Eigenverantwortung: Wir sehen uns selbst in der Pflicht, für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Nicht andere, sondern wir selbst übernehmen Verantwortung. Dabei erkennen wir, was wir beeinflussen können und was nicht.
  • Selbstwirksamkeit: Wir vertrauen auf unsere Ressourcen, auf unsere Fähigkeiten, um auch mit Herausforderungen und stressigen Situationen umgehen zu können. Auch wenn es schwierig ist, finden wir Auswege.
  • Netzwerkorientierung: Wir machen nicht alles mit uns selbst aus, sondern suchen in schwierigen Lagen sozialen Support. Wir nutzen dazu unser Umfeld oder bauen neue Kontakte auf.
  • Lösungsorientierung: Lösungen lauern überall. Wir begeben uns auf die Suche danach – anstatt das Problem zu zerreden. Der Blick auf Probleme schafft Probleme, der Blick auf Lösungen schafft Lösungen.
  • Sinn- und Zukunftsorientierung: Wir wissen, dass es Sinn macht, die Krise zu meistern – für uns, unsere Familie, unser Team, unsere Gemeinschaft. Wir blicken dabei nicht zurück, sondern nach vorn.

Bei meiner Arbeit mit Menschen im Coaching, in Teamworkshops und der Mediation erlebe ich immer wieder, wie wichtig Resilienz für die Bewältigung von Krisen sind. Sie machen Menschen nicht unantastbar, sie schützen uns nicht gegen alle Widrigkeiten. Aber sie ermöglichen uns, mit Lebenskrisen, Konflikten und schwierigen Prozessen der Veränderung besser umzugehen.

Hilfreich dazu ist auch das Konzept der Salutogenese, die nicht fragt, was uns krank macht, sondern danach, was uns gesund erhält. Ein Organismus im Gleichgewicht entwickelt ein Gefühl der Stimmigkeit. Wir verstehen die Situation, finden Wege um sie handhabbar zu machen und sehen einen Sinn in der Lösung. Auch das ist eine Resilienz-Strategie.

Und das gilt übrigens auch für Teamdynamiken. All die oben genannten Faktoren machen Teams resilienter gegen äußere Stressoren. Hinzu kommen noch eine klare und wertschätzende Kommunikation.

Wollen Sie ihre Resilienz oder die Ihres Teams stärken? Dann nehmen Sie gern Kontakt mit mir auf. Gemeinsam mit meiner Kollegin Stephanie Sedlmayer-Wessling biete ich Resilienz-Trainings an.

Literatur und Links

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