Coaching und Workshops Online: Kann das funktionieren?

NetzwerkGleich vorneweg: Ja, das kann sogar sehr gut funktionieren, selbst Seminare und Workshops  – wenn man es richtig macht. Hier ein Erfahrungsbericht aus acht Monaten Coaching und Workshops Online.

Zugegeben: Ich war sehr skeptisch. Mein letztes Online-Seminar lag gefühlt 10 Jahre zurück – und ich war damals nicht begeistert. Nun, unter den Zwängen des ersten Lockdowns habe ich dann aus der Not eine Tugend gemacht und bin auf Online-Formate umgestiegen und musste feststellen, dass die Technik sich zwischenzeitlich rasant verbessert hat. Nach einigen Recherchen habe ich mich dann für ZOOM als Konferenz-Tools entschieden. ZOOM ist aus meiner Sicht nach wie vor in der Performance das beste Tool. Ergänzend nutze ich gelegentlich das Mentimeter für Online-Umfragen und manchmal auch Mural.

Mein erstes Online-Seminar Anfang April hatte 74 Anmeldungen. Das war beeindruckend und anstrengend in der Durchführung zugleich, denn sofort sorgten einige Pannen für einen erhöhten Stresslevel. Lerneffekt: Mache Online-Seminare in dieser Größenordnung nur mit ein bis zwei Co-Moderatoren!

Aber das sind nur die technischen Aspekte. Seitdem habe ich etliche Coachings, Workshops und Seminare online durchgeführt. Da ich immer wieder danach gefragt werde, ob das gut funktioniert und was man dazu braucht, damit es gut funktioniert, hier meine Antworten auf häufige Fragen von Kunden.

Kann man Online ebenso hohe Qualität gewährleisten wie in Präsenzveranstaltungen?

Ja, man kann. Es kommt aber entscheidend darauf an, wie das organisiert wird. Technische Stabilität einmal vorausgesetzt, sind aus meiner Sicht folgende Faktoren wichtig:

  • Alle Teilnehmer sind mit einer Webcam und Mikrofon ausgestattet.
  • Der Auftritt des Trainers/Coach ist professionell: Ich arbeite mit Greenscreen und virtuellem Hintergrund. Eine gute Webcam und ein qualitativ hochwertiges Headset oder ein Reversmikrofon sind unerlässlich. Einige Kollegen haben sich gar ein professionelles Studio mit Tresen oder Bistro-Tisch aufgebaut. Kann man machen.
  • Digitale Materialien können über die Bildschirmfreigabe sichtbar gemacht werden und stehen zum Download bereit.
  • Teilnehmer haben die Möglichkeit, über digitale Pinnwände und Abstimmungstools interaktiv zu arbeiten.
  • Die Arbeit im virtuellen Raum erfolgt ganz ähnlich wie gute Präsenz-Workshops. Das heißt: Input, Austausch und Übungen in Kleingruppen, Reflexion und Feedback im Plenum sowie Aktivierungseinheiten wechseln sich ab. Hier besteht grundsätzlich keinerlei Unterschied zur Präsenzveranstaltung.

Ist Kleingruppenarbeit Online wirklich möglich?

Ja, ohne Probleme! In Bezug auf die Kleingruppenarbeit hat die Online-Arbeit sogar den Vorteil, dass man die Teilnehmer sehr unkompliziert in Breakout-Rooms schicken und daraus wieder schnell zurückholen kann. Im Präsenzseminar braucht man dafür viel Platz und muss viel längere Rüstzeiten einkalkulieren. Die Möglichkeit der Arbeit in Breakout-Rooms bieten derzeit allerdings nur wenige Tools. Ideal ist die Kombination mit virtuellen Pinnwänden.

Sind systemische Organisationsaufstellungen möglich?

Prinzipiell ja. Es gibt schon entsprechende Software, die virtuelle Räume mit Avataren zur Verfügung stellt. Darüber ist die Simulation einer Präsenzveranstaltung möglich. Damit ist auch virtuelles Coaching machbar.

Kommen die Teilnehmer Online überhaupt in einen guten Kontakt miteinander?

Uneingeschränktes Ja! Sofern der Coach und Moderator die Teilnehmer miteinander über Dialoge oder Kleingruppenarbeit in Breakoutrooms in Kontakt bringt. Hilfreich dabei ist natürlich gute Bild- und Tonqualität.

Halten die Teilnehmer es längere Zeit vor dem Bildschirm aus?

Das hängt davon ab, wie dynamisch die Veranstaltung gestaltet wird. Stundenlange Vorträge sind nicht nur Online ein No-Go, aber Online noch anstrengender als in einer Präsenzveranstaltung. Ich habe Halbtages- Tages- und Mehrtagesveranstaltungen Online ohne Probleme durchgeführt. Je abwechslungsreicher und dynamischer die Settings, umso kurzweiliger die Veranstaltung. Und man kann die Teilnehmer auch mal auf einen Spaziergang zum Austausch per Telefons schicken.

Welche weiteren Vorteile haben Online-Veranstaltungen?

Ganz klar die höhere Effizienz. An- und Abreise sowie Übernachtungen fallen weg. Das spart Zeit und Geld. Ich möchte allerdings dringend davor warnen, den Faktor Effizienz in den Vordergrund zu stellen. Für Strategieworkshops, Teamentwicklungen, Zukunftswerkstätten und ähnliches würde ich immer Präsenzveranstaltungen bevorzugen, sofern das machbar ist. Ganz eindeutig, denn da sind der direkte Kontakt und die Arbeit miteinander im Raum eine wichtige Ressource.

Und noch etwas: Einige Firmen gehen derzeit dazu über, mit der Umstellung auf digitale Formate die Veranstaltungen zeitlich zu kürzen. „Online können Sie die Inhalte doch viel effizienter rüberbringen, oder?“ Nein, das ist ein fataler Irrtum. Wer meint, aus einem interaktiven Training oder Workshop nun ein Online-Frontalseminar machen zu können, verliert deutlich an Wirkung. Lernen ist Erfahrung und die gewinnen Menschen nicht durchs Zuhören, sondern durch Austausch und Reflexion.

Wo sind die Grenzen von Online-Seminaren?

Dort wo eine Arbeit im Raum und Körpereinsatz gefragt ist. Erlebnisorientiertes Lernen ist Online aus meiner Sicht schwer möglich. Auch fehlt natürlich der informelle Austausch in den Pausen und, bei mehrtägigen Veranstaltungen, abends beim Essen, an der Bar, beim Spaziergang. Und gerade bei mehrtägigen Workshops zur Reflexion ist es hilfreich, Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung in ein lernfreundliches Seminarhotel zu bringen, in dem das Gewinnen neuer Perspektiven erleichtert wird. Das geht digital kaum.

Interesse geweckt? Rufen Sie mich an, wenn Sie Ihren nächsten Workshop, Ihr nächstes Seminar planen.

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