Richtung Karriere und dann immer geradeaus

Berufliche Wege führen manchmal in Sackgassen. Wie kommen Menschen da wieder raus?

 Thomas hat einen guten Job. Er verdient nicht schlecht. Aber eigentlich wollte er schon immer etwas ganz anderes machen. Nur getraut hat er sich nie so richtig. „Noch weitere zehn Jahre so arbeiten – das will ich nicht!“ Damit war der Grundstein für den Wechsel gelegt. Aber neue Wege sind meist steinig.

Wasser sucht sich auf dem Weg vom Berg ins Tal immer den Weg des geringsten Widerstandes. So plätschert es dahin und fließt schließlich mit den Wassern anderer Bäche in einem großen Strom ins Meer. Dort verliert es sich in den Weiten des Ozeans. Ein schönes Bild, nicht wahr? Übertragen wir das mal auf eine berufliche Karriere. Ist es dann immer noch so schön, das Dahinplätschern und sich in der Masse verlieren? Andere bemühen das Bild der Tretmühle, um ihre Situ­ation im Job zu beschreiben. Wie dem auch sei: Im ersteren Fall las­sen Menschen sich quasi ziellos trei­ben, umgehen Widerstände und folgen der Masse, während sie sich im zweiten Fall abstrampeln ohne wirklich voran zu kommen. In bei­den Fällen lassen sie die Frage „was will ich eigentlich“ unbeantwortet.

Wem das bewusst wird, der kriegt schnell die Krise und fragt sich viel­leicht: „das soll es gewesen sein?“ Die gute Nachricht zur Krise kommt aus Fernost: Krise ist im Chinesischen mit dem Begriff Chance besetzt. Eine weitere gute Nachricht: Der Mensch unterscheidet sich vom fließenden Wasser und vom Tier dadurch, dass sein Gehirn eine programmoffene Struktur aufweist, wie uns die Neurobiologen sagen. Auf genetische und sonstige Anla­gen können wir uns nicht mehr be­rufen, denn unser Gehirn wird so, wie unsere Erfahrung es formt. Wir sind das Produkt unserer Erziehung und unserer Lebensweise. Und das bedeutet schließlich, dass es an uns selbst liegt, unser Leben zu gestal­ten und unseren Weg durch den Dschungel der Gesellschaft zu bahnen. Doch wie geht das eigent­lich am besten?

Ihre Berufs- und Lebens­ziele noch klarer definie­ren

„Ein Schiff ohne Ziel kommt nir­gendwo an“, sagt ein Sprichwort. Auf Ihre Berufs- und Lebensziele übertragen bedeutet das: „Wo wollen Sie hin?“ Auf diese Frage fällt vielen Menschen spontan keine Antwort ein. Noch schwieriger wird es oft, wenn ich Klienten im Coa­ching frage: „Was ist Ihnen denn wirklich wichtig?“ „Darüber habe ich lange nicht nachgedacht“ ist dann eine häufige Antwort. Werte sind etwas, was wir am ehesten mit Moral, Ethik, Anstand und Ordnung verbinden, aber weniger mit dem, was unser eigenes Leben und un­sere Ziele ausmacht. Doch was mo­tiviert Sie denn eigentlich, das zu tun, was sie tun?  Was ist die trei­bende Kraft hinter Ihrem Handeln? Warum tun Sie bestimmte Dinge und unterlassen andere. Was treibt Sie „hin zu“ oder „weg von“?

Unsere Werte sind das, was uns das Leben und Arbeiten wert ist. So­lange wir davon keine klare Vorstellung entwickeln, ent­geht uns zweierlei: Das Gefühl für die Sinnhaftigkeit unseres Tuns und das Glück des All­tags, also die vielen kleinen Momente, in denen wir spüren: „Ja, das isses!“ Und genau darum sind unsere Werte der Treibstoff unseres Denkens, Fühlens und Handelns. Warum sonst erreichen wir viele selbst- oder fremdgesetzte Ziele nicht? Weil es ohne den entspre­chenden Treibstoff keinen ausrei­chenden Antrieb gibt. Nur wenn Sie auf die Frage „warum muss ich mein gesetztes Ziel erreichen?“ eine gute Antwort finden, werden Sie auch die nötige Energie aufbringen können, um dort anzukommen.

Dazu komm noch etwas sehr Wich­tiges. Sie sollten unbedingt vermei­den, sich mit vagen Zielen zu be­gnügen. Formulieren Sie Ihre Ziele so klar wie möglich und so konkret wie möglich. Machen Sie sich im Sinne des Wortes ein exaktes Bild von dem, was sie genau erreichen wollen. Je mehr Sie das mit konkre­ten Sinneseindrücken füllen können, also Ihr Ziel imaginieren können, umso besser. Denn unser Gehirn kann mit abstrakten Größen wie „erfolgreicher Verkäufer“ oder „kreativer Designer“ wenig anfan­gen. Was machen Sie genau und wie machen Sie es genau, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben? Nicht zu vergessen: Wann genau haben Sie Ihr Ziel erreicht? Nichts ist schlim­merer Selbstbetrug als das Warten auf den Sanktnimmerleinstag. Im Coaching nimmt diese Zielarbeit eine Schlüsselposition ein. Glaube allein versetzt nämlich allen ande­ren Annahmen zum Trotz noch keine Berge, aber konkrete und attraktive Ziele lassen Ih­nen unter Umständen Flügell wachsen!

Ressourcen aktivieren und Ihre Potentiale entwickeln

Bis hierhin könnten Sie noch glau­ben, ich wollte Ihnen nach dem Muster „think positive and eve­rything works“ das Leben versüßen. Sollte dem so sein, dann werde ich Ihnen diesen Zahn jetzt ziehen. Wir erleben derzeit eine Inflation von Castingshows im Fernsehen, in de­nen sich Menschen tummeln, die von einem maßlos selbstüberschät­zenden, teilweise hypermanischen Selbstbild erfasst sind. Man sollte ihnen besser raten, sich einem Therapeuten und nicht bei Dieter Bohlen vorzustellen. Bei ersterem könnten sie wenigstens noch auf empathische Unterstützung hoffen, die bei letzterem nicht so ganz ge­sichert ist. Nichts ist unmöglich? Doch: Omnipotenz. Jenseits dessen ist aber vieles möglich.

Worauf ich hinaus will: Schauen Sie genau, welche Ressourcen Sie ha­ben, um Ihre Ziele zu erreichen. Dies ist auch eine ökologische Frage. Wie nachhaltig können Sie Ihre Res­sourcen akti­vieren und gibt es mög­licherweise etwas, was das ange­strebte Ziel doch nicht so erstre­benswert er­scheinen lässt. Damit will ich nicht Ihre Zweifel nähren, sondern Sie vor eben jenem, oben erwähnten Grö­ßenwahn bewah­ren.

Also. Wo liegen Ihre Stärken? Der eine oder die andere von Ihnen wird sich hier vielleicht schwer tun. Wer derzeit in einem Krisentief steckt, erkennt seine Stärken oft nur schwer. Coaching kann auch hier wertvolle Unterstützung bieten. Res­sourcen hat jeder und jede, denn sonst wäre er oder sie im Leben nicht dort angekommen, wo er/sie  jetzt steht. Es kommt darauf an, diese bewusst wahrzunehmen, zu stärken, daraus Potentiale zu ent­wi­ckeln – und sich damit ins mögli­cherweise kalte Nass zu stürzen. Ein Coach kann durch gezieltes Fragen und spezielle, lösungsorientierte  Interventionen wichtige Impulse setzen. Immer wieder erlebe ich, wie Menschen im Coaching plötz­lich Potentiale entdecken, die sie entweder nie zuvor bewusst wahr­genommen ha­ben oder die ver­schüttet und ver­gessen waren.

Wenn Sie ein bestimmtes berufli­ches Ziel vor Augen haben, dann stellt sich natürlich immer die Frage, über welche erforderlichen Poten­tiale Sie schon verfügen und wel­che Sie noch entwickeln müssen. Oft führt der Weg nicht direkt zum Ziel, sondern über mehrere Stufen und manchmal auch nur über nicht vermeidbare Umwege. Merke: Wer gegen den Wind segeln will, muss kreuzen! Spätestens hier sollten Sie den Zeithorizont im Auge behalten und diesen gegebenenfalls korri­gieren.

Ihre Motivation verbessern

Ein Seminarteilnehmer sagte mir einmal „Motivation ist bei uns in der Firma kein Thema. Damit können wir uns nicht beschäftigen.“ Ist Motiva­tion also „nice to have“ aber es muss auch ohne gehen? Keines­wegs, denn die Neurobiologie lehrt uns, dass all unser Handeln motiva­tional gesteuert ist. Die Erwartung eines, wie auch immer gearteten, von uns als positiv bewerteten Er­gebnisses, erzeugt in uns die nötige Spannung zum Handeln. Feh­lende Motivation bedeutet Antriebslosig­keit und ist letztlich auch ein Kenn­zeichen der De­pression. Wer meint, sich oder andere zum Handeln zwingen zu müssen, landet schnell bei kompensatorischen Aktivitä­ten, also bei anderen, immerhin Spaß machenden Tätigkeiten, ver­fehlt aber dabei sein gesetztes Ziel oder das seines Unternehmens. Ver­zet­telung und Aufschieberitis sind da­her die gängigsten Symptome feh­lender Motivation.

Doch was motiviert Sie eigentlich? Brauchen Sie unter Umständen so­gar einen Motivationstrainer, je­manden, der Ihnen kräftig Feuer unter dem Hintern macht? Tscha­kaaah! Schaden kann das sicher nicht, aber um ehrlich zu sein, sagt uns die Hirnforschung auch hierzu: Fehlanzeige. Das Feuer unter dem Hintern wird schnell zum Strohfeuer. Auch ich als Coach kann Sie nicht motivieren. Das können Sie nur selbst. Sie wissen nicht wie? Genau dazu ist ein Coach da. Er kann Ih­nen zeigen, wie Sie zugkräftige Ziele entwickeln und mithilfe Ihrer Res­sourcen Schritt für Schritt erreichen können. Denn genau das erzeugt Ihre Motivation! Wenn Sie auf die göttliche Eingebung oder einen Guru warten, bis Ihnen Motivation zufliegt, werden Sie wahrscheinlich ewig warten oder vielleicht in ei­nem buddhistischen Kloster landen. Letzteres kann auch eine wertvolle Erfahrung sein, liegt aber nicht un­bedingt auf dem Weg zu Ihren selbst gesteckten Zielen.

Motivation ist nicht nur der Antrieb zum Handeln sondern auch das Resultat erfolgreichen Han­delns. Denn immer wenn et­was geschieht, was Ihre Er­wartungen übertrifft, springt in Ihrem Gehirn das Beloh­nungssystem an und signali­siert: „Toll. Mehr davon!“ Gleichzeitig sorgt eine ganze Kas­kade von Stoffwechselreaktionen dafür, dass das, was Sie gerade gemacht ha­ben, gemerkt wird. Es bilden sich neue neuronale Netze und je öfter Sie etwas erfolgreich tun und je mehr Sie das verfeinern und verbes­sern, umso mehr freut sich das Be­lohnungssystem. Dabei lernen Sie, wie es am besten geht und verbes­sern Ihre Skills. Genau dazu ist das menschliche Gehirn gemacht. Es macht nichts lieber, als seine Fähig­keiten zu erweitern. Ge­nau das ist Motivation!

Veränderungsängste über­winden

Nun werden Sie vielleicht fragen, wie Sie denn diese Initialzündung hinbekommen. Woher soll der Schub kommen, der ausreichend stark ist, um den Schweinehund, die Verzettelung, die Aufschieberitis oder schlicht die gewohnte All­tagsroutine zu überwinden, um das zu machen, was Sie wirklich wollen und auch können?

Es gibt zwei wesentliche Quellen von Blockaden, welche sich zu Werkzeugen der Selbstsabotage entwickeln können. Das sind zum einen unklare Ziele und schlecht verankerte Ressourcen. Ziele und Ressourcen müssen aber schlag­kräftig genug sein, um die Wider­stände zu überwinden, auf die Sie wahrscheinlich stoßen werden. Denn eines ist klar: Ihnen wird nichts geschenkt. Sie brauchen Durchhal­tever­mögen. Wer nicht wie ein Bach zu Tal plätschern oder seine Kraft in einer Tretmühle vergeuden will, der muss Widerstände über­winden und Steine aus dem Weg räumen können. Dafür brauchen Sie genü­gend Treibstoff. Und der besteht – richtig erkannt – aus Ihren Werten und Zielen. Wenn die nicht klar und zugkräftig genug sind, dann wer­den Ihre unbewussten Er­fahrungs­anteile signalisieren, dass  es schlauer ist, die gewohnte Straße zu benutzen anstatt einen neuen, un­bekannten Weg einzuschlagen. Der könnte ja gefährlich für Sie sein. 

Und damit wären wir dann bei der zweiten Quelle von Blockaden. Das  sind die Persönlichkeitsanteile, wel­che Ihren gesetzten Zielen entge­genwirken und die dazu erforderli­chen Ressourcen in Frage stellen. Die zugkräftigsten Ziele und gut verankerten Ressourcen nützen wenig, wenn ebenso starke Kräfte dagegen wirken. Angst ist eine sol­che starke Kraft. Sie ist zwar ein hin­derlicher Faktor, aber für das Über­leben ungemein wichtig. Deshalb hat unser Gehirn auch einen Schutzmechanismus eingebaut, welcher der Angst immer Vorfahrt gewährt, es sei denn Ihr Mandel­kern (das Angstzentrum im limbi­schen System) hat Schaden ge­nommen. Sie können diesen Anteil bezeichnen wie Sie wollen. Es kann die ewig besorgte Mutter sein, der eifersüchtige Bruder oder der ver­ständnislose Lehrer. Sie werden Ihre Ziele nicht erreichen, wenn Sie den ängstlichen und  zweifelnden An­teilen nicht die Kraft Ihrer Ressour­cen und die eines starken Bildes Ihrer Zukunft entgegensetzen kön­nen. Auch hier kann ein Coach wertvolle Hilfestellung geben.

Wege zum Erfolg finden

Neue Wege sind nie ausgetreten, sondern meist steinig. Sie können dabei auch fallen und sich verlau­fen. Von Anthony Robbins stammt folgendes, den Zusammenhang von Erfolg und negativer Erfahrung verdeutlichendes Zitat: „Erfolg ist das Ergebnis von guter Einschät­zung. Gute Einschätzung ist das Er­gebnis von Erfahrung. Und Erfah­rung ist oft das Ergebnis von schlechter Einschätzung.“  Recht hat er.

 Die schlechte Nachricht ist also. Ja, Sie werden sich auch die Finger verbrennen. Die gute Nachricht ist: Solange Sie daraus keine Passion machen, um sich und Ihrer Umwelt zu beweisen, dass „es“ immer weh tut, werden Sie schmerzfreie Wege finden. Nur müssen Sie diese suchen und ausprobieren. Liegen Steine im Weg, räumen sie diese weg oder steigen Sie drüber. Sind die zu groß, gehen Sie um sie herum. Ist auch das nicht möglich oder führt der Weg in eine Sackgasse, dann pro­bieren Sie einen anderen Weg. Aber lassen Sie sich nicht von den inneren und äußeren Zweiflern un­terkriegen.

 Begehen Sie auch nicht den Fehler, die Steine zu beschimpfen oder sich welche vom We­gesrand auf den Weg zu rol­len, damit Sie besser drü­ber stolpern und ihr schweres Schicksal beklagen können. Das wäre zwar Balsam für Ihre Zweifel und Ängste, aber eine Selbstsabo­tage in Bezug auf Ihre Ziele. Denken Sie an den Bach und an die Tret­mühle. Wenn Sie beides nicht mehr wollen, dann auf zu neuen Wegen. Sie schaffen das – wenn Sie wollen.

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