Gute Berater sind wie Detektive

Wie kann Beratung Change-Prozesse unterstützen? Was muss gute Change-Beratung leisten können und wie finde ich den passenden Berater? Oder sind Coachings und Trainings sowieso zwecklos, weil Menschen sich nicht ändern können? Auch das sind Fragen, denen ich in meinem Buch Change! Bewegung im Kopf nachgehe. Hier ein weiterer Auszug.

Einer der großen Irrtümer von Beratung ist die Annahme, man könne Menschen dadurch verändern, indem man ihnen nützliches Wissen vermittelt. Kein Mensch ändert sich, nur weil er etwas Neues weiß. Wäre es so, gäbe es weder Raucher noch Übergewichtige. Wissen berührt allenfalls unsere Großhirnrinde und bleibt damit an der Oberfläche dessen, was unser Verhalten ändern könnte. Wissen kann zwar bei Menschen auch für Aha-Effekte sorgen, aber das ist wie Theorieunterricht in der Fahrschule: Autofahren können sie damit noch lange nicht und sie würden es nach den ersten schweißtreibenden Versuchen wohl auch schnell bleiben lassen.

Veränderung ist ein Lernprozess. Manchmal ein schmerzlicher, denn er zwingt uns immer, etwas aufzugeben und gewohnte Wege zu verlassen. Das macht unter Umständen auch Angst. Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir daher über Motivationen reden, über Ziele, Haltungen und Werte. Kurzum über die Dinge, die uns Mut machen und uns im wahrsten Sinne des Wortes bewegen.

Hier müsste Beratung ansetzen, wenn sie mit der Persönlichkeit von Menschen arbeiten will. »Aber wir wollen doch nur die Soft Skills verbessern!« Auf was beruhen denn aber Soft Skills, wenn nicht auf der Persönlichkeit? Teamfähigkeit, Führungsqualitäten, Präsentationssicherheit – das alles betrifft die menschliche Persönlichkeit. Das alles können Menschen nicht theoretisch lernen, sondern dazu müssen sie entsprechende Potentiale entwickeln und es vor allem wirklich wollen. Veränderung braucht Motivation. Motivation braucht positive Erfahrungen und den Hoffnungsschimmer, dass es besser wird, wenn es anders wird.

Ein anderer, weit verbreiteter Irrtum von Beratung liegt darin, dass das Symptom das Problem sei. Gute Berater sind deshalb auch so etwas wie Detektive, die Ihnen helfen, das eigentliche Problem hinter dem Symptom zu finden – oder noch besser: Einen Zielzustand, bei dem das Symptom ganz von allein verschwindet. Dass ein Manager schnell aufbrausend reagiert, heißt nicht, dass ihm ein Kommunikationstraining weiterhilft. Wenn ein Projektleiter sein Zeitmanagement nicht im Griff hat, ist auch nicht zwingend ein Zeitmanagementseminar das Mittel der Wahl. Solange nur an Symptomen herumgedoktert wird, ist jede Therapie wie ein blinder Griff in die Hausapotheke.

Und ein dritter, weitverbreiteter Irrtum von Beratung liegt schließlich in dem Glauben, man könne das Verhalten von Menschen durch gutgemeinte Appelle ändern: »Machen Sie Diät«, »Seien Sie spontan«, »Werfen Sie Ballast ab.« Verhalten folgt aber selten Appellen, sondern meist Bedürfnissen und Haltungen. Hier sehe ich den Ansatzpunkt für tiefgreifende Veränderungen. Beratung sollte dort ansetzen, wo sie Menschen bewegt – dann bewegen sich diese. Fasten kann sehr gesund sein – aber nur für Menschen, die das auch wollen (das ist übrigens wissenschaftlich belegt).

Woran erkennen Sie einen guten Berater?

  • Er interessiert sich für Ihr Thema.
  • Er stellt Fragen und hört zu.
  • Er hilft Ihnen, das Problem hinter dem Symptom zu finden.
  • Er hilft bei der Formulierung eindeutiger, klarer Ziele.
  • Er unterstützt Sie bei der Suche nach Lösungen.
  • Er hält sich mit Rat-schlägen zurück.
  • Er kennt die Grenzen seiner Kompetenz.

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3 Antworten auf „Gute Berater sind wie Detektive“

  1. Ihr Artikel reisst zwar bestimmte Probleme in der Beratung nur an, trifft aber scheinbar manchen Nerv… zumindest wenn ich der Diskussion folge, die meine Erwähnung dieses Artikels auf Facebook hervorgerufen hat: https://www.facebook.com/andrea.bruecken/posts/210093752362923
    Einen Satz sollten Sie dringend ändern: “Solange nur an Symptomen herumgedoktert wird, ist jede Therapie wie ein blinder Griff in die Hausapotheke.” Beratung im Allgemeinen ist keine Therapie. Und im Zusammenhang mit Coaching sollte dieses Wort schon gar nicht fallen.
    Herzlichen Gruß,
    Andrea Brücken, Coach

    1. Danke für Ihr Feedback, Frau Brücken. Dass sich so mancher auf den Fuß getreten fühlt, kann ich nicht verhindern und – ja, ich möchte sogar sagen – das war auch beabsichtigt. Dass ich nun Wissensvermittlung verunglimpfen würde, finde ich allerdings ein wenig sehr weit hergeholt. “Therapie” ist hier natürlich im übertragenen Sinne gemeint. Dass Coaching keine Therapie ist, unterschreibe ich Ihnen gern, wenn auch die Übergänge fließend sind. Allerdings kann ich Ihrer Unterscheidung der Professionen nicht folgen. Auch Therapie kann sehr wohl potentialorientiert sein (sollte es m.E. sogar), und Coaching kann auch sehr wohl Vergangenheit zum Thema machen. Denken Sie nur an Timeline-Arbeit im NLP. Entscheidend ist m.E. die Frage, ob ich es mit einem psychischen Problem zu tun habe, das die Selbstwirksamkeit eines Menschen beeinträchtigt. Ist dem so, dann wäre für mich Coaching nicht mehr die passende „Therapie“.

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