Vertrauen schafft Mehrwert, Misstrauen schafft ihn ab

Was muss geschehen, damit Sie einem Menschen vertrauen? Und was sind die Voraussetzungen dafür, dass anderen Ihnen vertrauen? Dieser Frage geht James Davis nach. Sein sehr enthusiastischer Vortrag beginnt mit einer Paragliding-Erfahrung.

Vertrauen ist sozusagen Vertrauenssache. Man kann es nicht verordnen, nicht erzwingen, nicht kaufen. Und selbst Überzeugung hat nur begrenzte Wirksamkeit, denn Vertrauen hat etwas mit unserem Gefühl zu tun. Die Aufforderung „Vertrauen Sie mir!“, kommt schon fast der Bitte gleich, der Person, die sie ausspricht, nicht zu vertrauen. Wirklich vertrauen können wir nur Menschen, zu denen wir eine gute Beziehung aufbauen können. Jim Davis nennt in seinem Vortrag drei Faktoren, die aus seiner Sicht essentiell für die Ausbildung einer vertrauensvollen Beziehung sind:

  • Fähigkeit, Können (ability)
  • Wohlwollen (benevolence)
  • Integrität (integrity)

Schauen wir uns das einmal näher an und beginnen mit einem Gedankenexperiment:  Vertrauen wir uns einem Menschen an, dessen Fähigkeiten wir eher bezweifeln? Würden Sie sich von einem Arzt behandeln oder sogar operieren lassen, wenn Sie sein Können in Frage stellen? Wohl kaum. Im Deutschen würden wir hier von Zutrauen sprechen. Das betrifft die Kompetenz, also das Wissen und die Erfahrung eines Menschen. Oft sehen wir Zutrauen und Vertrauen als Geschwistereigenschaften. Davis sieht im Zutrauen offenbar ein Wesensmerkmal für das Entstehen von Vertrauen. Betrachten wir den beruflichen Bereich, so leben wir in einer Welt, in der Kompetenz zweifelsohne einen sehr hohen Stellenwert hat. Doch oft wird dieser Faktor bei der Personalauswahl auch überschätzt.

Denn es kann schon sein, dass wir ausreichendes Zutrauen in die Kompetenz eines Menschen setzen, ihm aber dennoch nicht vertrauen und mit ihm nicht kooperieren möchten. Warum denn aber nicht? Da ist laut Davis zum einen das Wohlwollen eines Menschen einem anderen gegenüber. Natürlich entwickeln wir ein Gespür dafür, ob Menschen es gut mit uns meinen. Oder ob sie uns eher als Objekte denn als Subjekte betrachten. Jeder kennt das Süßholzgeraspel von (schlechten) Verkäufern, die uns etwas andrehen wollen. Oder die teilnahmslose Sachlichkeit, mit der uns jemand von einer angeblich guten Sache überzeugen will. Wenn wir nicht das Gefühl haben, dass der oder die andere Gutes im Schilde führt und für uns empathisch rüberkommt, dann wir es schwierig mit dem Vertrauen.

Und zum anderen wäre da noch die Integrität einer Person. Für mich eine ganz wesentliche Größe. Meint der andere, was er sagt? Und handelt er auch so wie er spricht? Wie viel Vertrauen setzen wir in eine Führungskraft, die heute das eine verspricht aber morgen schon nach der Maxime „was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ handelt? Da hilft es auch nicht, wenn dann von Flexibilität im Denken gesprochen wird. Die gepriesene Flexibilität ist hier oft genug nur das Synonym für Unzuverlässigkeit. Mangelt es an Integrität, vertrauen wir einem Menschen nicht.

Ständiges Misstrauen anderen gegenüber ist übrigens auch ein echter Vertrauenskiller. Warum sollte ich jemandem vertrauen, der mir nicht vertraut? Der ständig meine Arbeitsergebnisse kontrolliert und hinterfragt, der immer wieder Druck macht, damit ich meinen Job auch ja gut erledige. Vertrauen ist letztlich eine Beziehung auf Gegenseitigkeit. Es macht uns verletzbar. Ja, wir können enttäuscht werden, aber ohne die Bereitschaft, dieses Risiko zu tragen, kann kein Vertrauen wachsen.

Und wo kein Vertrauen wächst, da fehlt auch  die Basis für gute  Kooperation und Selbstorganisation. Misstrauen untergräbt Autonomie und damit letztlich auch Motivation, denn Autonomie ist eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen pro-aktiven Engagement. Wo kein Engagement ist, da kann im unternehmerischen Kontext auch kein Mehrwert entstehen. Und somit ist Vertrauen auch Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg.

Ich beobachte immer wieder, dass dieser Faktor in einer prozess- und zahlenorientierten Welt völlig unterschätzt wird. Ja, da geht es um Soft-Skills. Da geht es um wertschätzende Kommunikation. Und da geht es eben nicht nur um Kompetenz, sondern auch und gerade um Integrität. So kann Vertrauen wachsen und so kann auf dieser Basis auch ein Mehrwert für alle entstehen.

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