Coaching-Tipp: Wie Sie dieses Jahr garantiert scheitern.

FeuerwerkKaum sind die Christbaumkerzen erloschen, blitzen am Beginn des neuen Jahres all überall die guten Ratschläge auf. „Wie Sie Ihre guten Vorsätze am besten umsetzen.“, „Geheimtipps für Erfolg im neuen Jahr“ und wie die Titel so heißen. Alle Jahre wieder – und wieder wird es nicht funktionieren. Daher mein Tipp: Vergessen Sie die guten und folgen Sie meinen schlechten Ratschlägen. Ich werde Ihnen jetzt den absoluten Gegenentwurf liefern, nämlich zwölf  Tipps, wie sie garantiert scheitern.  

Tipp 1:               Seien Sie realistisch.

Pessimisten küsst man zwar nicht, aber seien Sie trotzdem einer, denn Sie sind damit viel näher an der Realität als die ewig positiven Zeitgenossen. Und es wird Ihnen am Ende des Jahres die Genugtuung verschaffen, dass sie Recht hatten. Da haben Sie auch die Wissenschaft auf Ihrer Seite. Die konnte nämlich bestätigen, dass Pessimisten die besseren Realisten sind. Dass Optimisten trotzdem erfolgreicher sind, sollte sie nicht zu sehr irritieren. Die scheitern schon noch irgendwann. Also: setzen Sie Ihre Ziele möglichst unterhalb der Motivationsschwelle an, das rettet Sie zudem vor dem sicheren Burnout. Smarte Ziele? ALles Quatsch! Überhaupt könnten Sie auch ganz auf das Setzen von Zielen verzichten, denn man muss ja in der heutigen Zeit schließlich flexibel sein. Nichts behindert Sie mehr als feste Ziele.

Tipp 2:               Geben sie rechtzeitig auf.

Und wenn Sie doch ein Ziel gesetzt haben, dann beachten Sie unbedingt folgendes: Es hat keinen Zweck, ein Ziel unbeirrt weiter zu verfolgen, wenn Sie auf Hindernisse stoßen. Holen Sie sich keine blutige Nase, sondern geben Sie auf. Lassen Sie es einfach! Wenn etwas gelingen soll, dann muss es gleich gelingen. Wenn Sie zum Beispiel im dritten Akquise-Telefonat wieder abgewiesen wurden, wissen sie, dass das gar nicht gelingen kann. Mehr noch: Sie eigenen sich einfach nicht für diesen Job. Wie viele Abfuhren wollen Sie sich noch einholen? Denken sie vor allem nicht darüber nach, wie sie ihre Methode verbessern können. Das wäre die reinste Zeitverschwendung.

Tipp 3:               Suchen Sie den Schuldigen.

Wenn Ihnen etwas misslingt, gibt es zwei mögliche Erklärungen: Sie sind selbst schlicht inkompetent oder ein anderer Beteiligter ist es. Die zweite Variante ist die gesündere –  zumindest für Sie. Merke: Ein klares Feindbild ist in Problem- und Krisensituationen das A und O. Zögern Sie nicht, das auch auszusprechen. Spricht sie jemand auf Ihre eigene Verantwortung an, antworten Sie grundsätzlich mit „Ja, aber …“ Und dann legen Sie los mit ihrer Analyse. Es ist immens wichtig, Schuld eindeutig zu klären und den Schuldigen zu bestrafen. Das löst zwar nie das Problem, ist aber gut für das verletzte Ego. Hinweis: Sollten Sie sich selbst für den Idioten halten, ist das auch in Ordnung. Vergessen Sie dann aber bitte nicht, eine klare Opferhaltung einzunehmen, denn auch für Ihre Inkompetenz findet sich bestimmt ein Schuldiger.

Tipp 4:               Analysieren Sie jedes Problem genau.

Sie müssen exakt verstehen, warum es zu welchem Problem gekommen ist. Lösungsorientierung ist ein Irrweg! Was schon für einfache Maschinen gilt, hat umso mehr Gültigkeit für Menschen und Organisationen. Bei der Erforschung des Problems können Sie zeigen, was sie können. Beleuchten Sie es von allen Seiten und gehen sie in die Tiefe. Ist das Problem zu komplex, bilden Sie eine Arbeitsgruppe. Gibt es verschiedene Problemperspektiven, so diskutieren Sie diese eingehend und versuchen Sie unbedingt zu einem Konsens der Problemsicht zu kommen. Ein gemeinsames Problemverständnis stärkt den Teamgeist und es ist eine gute Alternative zum kreativen Suchen nach Lösungen. Zu viel Kreativität war noch nie gut. Außerdem: „geteiltes Leid ist halbes Leid“, sagt schon ein altes Sprichwort.

Tipp 5:               Seien Sie mehr als perfekt.

Wer etwas auf sich hält, gibt sich nicht zufrieden, gut zu sein. Streben Sie an, mehr als perfekt zu sein. Das gilt selbstverständlich für alle Aufgaben, denn sie dürfen sich da keine Blöße geben. Man könnte Ihnen sonst die kleinste Nachlässigkeit ankreiden. Lassen Sie sich nicht von Perfektionismus-Warnungen beirren. Stören Sie sich nicht daran, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen. Den Überblick behalten allenfalls die Generalisten, die nichts wirklich können. Es ist viel besser, sich im Detail zu verlieren. Da sind sie dann irgendwann Experte und niemand kann Ihnen dann reinreden. Das hat noch einen praktischen Nebeneffekt. Sie verbringen deutlich mehr als Ihre reguläre Arbeitszeit am Arbeitsplatz und sind grundsätzlich der letzte, der das Licht ausmacht. Das macht enorm Eindruck auf Ihre Vorgesetzten und lässt sich auch gegenüber Familie und Bekannten gut kommunizieren. Fühlen Sie sich durch die langen Arbeitstage allerdings gestresst, denken Sie nicht über Veränderung nach, sondern suchen sie einen Schuldigen (siehe Tipp 3).

Tipp 6:               Pflegen Sie Vergangenheits-Romantik.

Früher war sowieso alles besser. Und Sie haben doch schon eine ganze Reihe Erfolge vorzuweisen, oder? Schauen Sie nicht zu sehr nach vorn, denn die Zukunft ist immer ungewiss. Beim Blick zurück können Sie schließlich mit historischen Fakten aufwarten. Und denken Sie immer daran, dass Erfolge und Erfolgsstrategien zeitlos sind. Was Sie seit zwanzig Jahren machen, wird bestimmt auch die nächsten zwanzig Jahre funktionieren. Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn vorübergehend mal der Erfolg ausbleibt. Das wird schon wieder. Irgendwann. Und damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen, schauen Sie nicht über den Horizont. Bloß nicht (s. Tipp 11)

Tipp 7:               Überlegen Sie sich jede Entscheidung genau.

Entscheidungen sind nicht Ihre Sache? Kein Wunder, denn sie könnten ja einen Fehler machen und der könnte fatal sein. Vertrauen Sie nicht den Action-Aposteln. Sie können hier ganz auf ihr Gehirn vertrauen, dass Ihnen sagt: „Bad is stronger than good“. Das ist wissenschaftlich belegt und auch gut so. Das schützt Sie vor Enttäuschungen und Gefahren. Nutzen Sie Ihre Ratio, um diese Muster zu trainieren und zu stärken.  Die Welt ist komplex, und da will alles, wirklich alles gut überlegt sein. Das fängt an bei der Farbe für das WC-Papier und endet bei der Prioritätenliste. Überlegen Sie sich alles sehr sorgfältig. Machen Sie eine eingehende Analyse mit allen Variablen, holen Sie sich grundsätzlich die Meinung einer möglichst großen Zahl von Kollegen und Mitarbeitern ein und lassen sie die Sache im Zweifelsfall liegen. Die meisten Dinge reifen von allein  – werden irgendwann von anderen entschieden. Das erspart Ihnen unnötige Arbeit.

Tipp 8:               Machen Sie es allen recht.

Wer beliebt sein will, muss es immer allen Recht machen. Nur Soziopathen, die sich in den Vordergrund spielen wollen, erregen immer wieder Anstoß durch das Vertreten eigener Meinungen und das Treffen unbequemer Entscheidungen. Dass die dabei mehr Respekt erhalten als Sie, sollte Sie nicht zu sehr irritieren. Lieber beliebt als nur respektiert. Auch sollten Sie kein Problem damit haben, sich kräftig zu verbiegen. Das stärkt die Ihre Beweglichkeit und das ist viel wichtiger als die Welt zu bewegen. Seien Sie „The Sushine of the Company“ und sie haben einen entspannten Job.

Tipp 9:               Erledigen Sie den Kleinkram immer zuerst.

Prioritäten sind wichtig. Sparen Sie sich darum die wahren Leckerbissen immer bis zum Schluss auf. Schaffen Sie immer erst den Kleinkram weg, denn dann haben Sie kurzfristige Erfolge und am Ende des Tages immer das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Die großen, wichtigen Dinge brauchen Zeit und Energie. „Gut Ding hat Weile“, sagt schon der Volksmund. Und schließlich braucht der innere Schweinehund auch Futter. Sie tun sich keinen Gefallen damit, wenn Sie die wirklich wichtigen Dinge sofort erledigen, denn dann haben sie eben für den Kleinkram keine Zeit mehr. Besser, Sie verputzen zwanzig Peanuts am Tag als eine dicke Nuss zu knacken. Merke: dringend  geht immer vor wichtig. Widmen Sie sich daher ausgiebig Ihrem Emails-Postfach und Ihren Social Media Kontakten. Sie haben keinem Facebook-Account? Dann schleunigst anmelden. Sie werden sich wundern, wie viel wertvolle Arbeits- und Lebenszeit sie dort verbringen können. Ganz virtuell und vor allem kostenlos. Gutes Netzwerken ist schließlich ein wirklicher Erfolgsfaktor. Kommen Sie aber bitte nicht auf die Idee, Ihre Facebook-Freunde und XING-Kontakte anzurufen und nach echten Kooperationsmöglichkeiten zu suchen. Damit könnten Sie Ihre Kontakte bei der Arbeit stören.

Tipp 10:            Kümmern Sie sich um jedes Detail selbst.

Auf niemanden ist mehr Verlass als auf Sie selbst. Ehe Sie jemanden mit einer Aufgabe belästigen, erledigen Sie diese lieber schnell selbst. Das hat außerdem den Vorteil, dass sie kein Wissen abgeben und keine Kompetenzen weitergeben müssen. Das stärkt Ihre Machtstellung enorm. Sie werden quasi unverzichtbar. Und überhaupt, wenn Sie delegieren, können Sie nie sicher sein, dass die Aufgabe auch exakt so erledigt wird, wie sie das gemacht hätten. Merke: Es gibt nur eine richtige Lösung und das ist im Zweifelsfall Ihre. Diesen Glaubenssatz sollten Sie verinnerlichen. Das stärkt ganz nebenbei das Selbstbewusstsein und Ihre Selbstwirksamkeitserwartung.

Tipp 11:            Meiden Sie jedes Risiko.

Riskieren Sie nichts und vermeiden Sie jede Veränderung. Ignorieren Sie die Jünger des Change. Change-Prozesse sind wie die Grippe. Die geht auch vorüber –  mit oder ohne Arzt. Eine alte Weisheit sagt: „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Oder „Schuster bleib bei Deinen Leisten.“ Der Volksmund kann nicht irren. Bedenken Sie, dass der Blick über den Horizont der Blick in den Abgrund sein könnte. Schon die Wikinger mussten das erfahren. Wie viele von ihnen kehrten von der Fahrt über den Ozean nicht zurück! Dass einige von ihnen dann doch Amerika entdeckten, ist eine Ironie des Schicksals, denn das hätte man getrost Christoph Kolumbus überlassen können. Also: Sie müssen nichts wagen, was andere auch wagen könnten. Stellen Sie sich besser in die zweite oder dritte Reihe und vergessen Sie nicht, immer die Risiken über die Chancen zu stellen. Jede Veränderung ist schließlich mit der Gefahr des Scheiterns verbunden.

Tipp 12:            Vermeiden Sie die Selbstreflexion.

Egal was Sie machen und wie Sie es machen: Es hat seinen Grund, warum Sie es so gemacht haben und das war gut so. Wenn andere damit ein Problem haben, dann ist das nicht Ihr Problem. Es ist besser, wenn Ihre Kollegen, Ihr Chef oder Ihre Familie ein Problem haben als ausgerechnet Sie. Selbstreflexion ist der direkte Weg in die Depression. Und das will doch keiner. Machen Sie vor allem nicht den Fehler, sich offenes Feedback von anderen einzuholen. Das könnte fatale Folgen haben und Ihre Autorität nachhaltig schwächen.

Also: machen Sie es gut im neuen Jahr. Ich bin sicher, sie schaffen das. Irgendwie. Irgendwann. Am besten, Sie nehmen sich für jeden Monat einen der obigen Tipps vor und setzen den möglichst eins zu eins um. Sie werden überrascht sein, wie gut das funktioniert. Sollte trotz Befolgung meiner Ratschläge dennoch der Erfolg ausbleiben und Sie wohlmöglich in eine problematische Gemütslage kommen, dann ist das immer noch kein Grund zur Panik. Lassen Sie den Kopf nicht hängen, sondern finden Sie einen Schuldigen. Aber, ach ja, das sagte ich ja schon. Oder nehmen Sie doch einfach Kontakt mit mir auf. Da lässt sich was machen.

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